Kleine Himmel
Der Mann, da, am Fenster, schaut hinaus.
Nur ein Fetzen Himmel zu sehn.
Die gelbgraue Wand, gegenüber, versperrt die Sicht.
> Scheissmauer!, < presst er leise hervor.
Unter seinem Fenster: ein, zwei...acht Blumen im
Schotterbeet. In sengender Sonne. Er gießt und gießt,
will die paar kleinen Schönheiten retten, wie er man-
ches retten will, das ihm etwas bedeutet.
Er summt vor sich hin. Hört irgendwas...Ist entrückt.
Ihr könnt es auch verrückt nennen. Belächelt ihn - es
stört ihn nicht. Er bleibt ein Träumer. Wenn schon:
auf - und davonfliegen tut ja niemandem weh.
Hinter ihm, im Radio, läuft ´´Silbermond´´. Himmel
auf...Wann reisst der Himmel auf?
Er nimmt allen Mut zusammen. Weit offen die Arme.
Schließt, noch leicht verängstigt, die Augen.
Im Hintergrund: Mittags-Nachrichten. Die Uhren wer-
den vorgestellt. Anhalten geht nicht. Also: los!
Keine Wolke, dort oben. Nur Tuscheblau. Sehen kann
er es nicht. Aber spüren, die warmflirrende Luft.
Ostwärts. In die Ferne. Ohne Rückkehr.
Zu ihr.
Zu dir.
Zu uns.
Jetzt reisst der Himmel auf...!
(c) Ralph Bruse
Bild: Ingrid Bezold