Die neusten Gedichte



Vaters altes Tagebuch



Das Tagebuch in meinen Händen
ist ein ganz besonderer Schatz.
Es hat in meinen vier Wänden,
auch einen Ehren-Platz.

Es schildert schlimme Zeiten,
aus der Kriegsgefangenschaft.
Auf kleinen vergilbten Seiten,
- geschrieben mit letzter Kraft.

Niederschmetternde Berichte,
voller Schmerz und Traurigkeit.
Herzzerreißende Gedichte,
voller Sehnsucht und Einsamkeit.

Krieg, Angst, Gefangenschaft,
Krankheit, - geplante Flucht.
Aus der Hoffnung kam die Kraft.
Nach einem Ausweg wurde gesucht.

Mit einem Freund an deiner Seite,
bist du nachts geflohen.
Durch Frankreichs unendliche Weite,
obwohl Gefahren drohen.

Kein warmes Bett, die Füße wund;
Schuhe und Strümpfe immer nass.
Gepäck, so an die 60 Pfund,
halb verhungert, hager, blass.

Gehetzt wie wilde Tiere,
bei Regen durch Wald und Feld.
Den Feind stets im Visiere;
- nicht einen Pfennig Geld.

Mach Kornfeld diente euch als Schutz,
Sonne und Mond als Orientierung.
Übermüdung, Kälte, Nässe, Schmutz.
Jeder Bach war eine Verführung.

Trinkwasser wurde abgefüllt,
entkeimt stets mit Tabletten.
In Landeskleidung eingehüllt,
versuchtet ihr euch zu retten.

„Wie furchtbar“, habe ich gedacht.
„Was mussten Menschen damals ertragen?“
Es wurde sich, so manche Nacht,
verzweifelt durchgeschlagen.

Tränen kamen plötzlich auf,
mein Herz wurde so schwer.
Das ist wahrlich ein Lebenslauf,
den wünsch´ ich keinem mehr.

Da wird man dankbar und beschämt,
sieht vieles in einem anderen Licht.
Was mich bisher so oft gegrämt,
das zählt auf einmal nicht.
 

Gelesen: 65   
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AUTOR:

Liebe Freunde der Poesie,
Schreiben, Malen und Fotografieren sind drei meiner vielen Hobbys. In diesem Forum könnt ihr 980 Gedichte von mir lesen. Ich schreibe über Geschehnisse im Alltag, über Urlaubserinnerungen und hoffe mit Denkanstößen aufrütteln zu können. Wer die Geschichte von Eduard verfolgen möchte, ist hier genau richtig. Inzwischen umfasst die Geschichte 50 Teile. Ein lustiger Roman in Gedichtform.
Wenn ihr etwas tiefer in meine Welt eintauchen möchtet, besucht mich auf meiner Homepage.

Mit lieben Grüßen, Gudrun Nagel-Wiemer


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9 KOMMENTARE



14. November 2023 @ 11:01

Gudrun ich habe die Flucht von Ostpreußen als kleiner Junge mitgemacht.
Ich kann mich an viele schlimme Dinge erinnern.
Z.B. meine Oma wurde von Russen erschossen , als sie meinen den kleine Walter
an der Hand hielt.Das waren schlimme Zeiten und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie wieder kommen.
LG
Ewald


14. November 2023 @ 11:17

Ewald, das tut mir so leid. Hoffen wir das Beste für uns alle. Danke füe das Herzchen und deinen ganz persönlichen Kommentar. LG Gudrun


13. November 2023 @ 20:36

Berührende Zeilen, liebe Gudrun. Es ist immer wieder erstaunlich, wie diese Menschen in jener grausamen Zeit noch den Mut gehabt hatten, alles akribisch aufzuschreiben. Mein Schwiegervater hat auch Tagebuch geführt, war wohl seine Art, die Geschehnisse zu verarbeiten. Hoffentlich bleibt unserer und den kommenden Generationen dieses Leid erspart. LG in Deinen Montagabend, Helga


13. November 2023 @ 21:27

Mein Vater hat das Tagebuch in der Gefangenschaft und während der Flucht geschrieben. Viele Gedichte sind in der Zeit entstanden. Man musste sich ja die Zeit vertreiben. Wie ich gelesen habe, hat er dort auch Schachfiguren geschnitzt und Steine, damit er mit den Gegangenen Schach spielen konnte. Das Tagebuch kam erst nach dem Tod seiner Schwester zu mir. Danke für deinen Kommentar, Helga.


13. November 2023 @ 20:02

Ralph, über das Herzchen habe ich mich sehr gefreut. Das Gedicht hat für mich eine ganz besondere Bedeutung. LG Gudrun


13. November 2023 @ 11:10

... ich fühle die Themaik ist nicht Fiktion.Gut vertextet .Durch ein Tagebuch, auch aus der Zeit , habe ich meinen Schwiegervater erst - kennen und schätzen gelernt, denn es herrschte immer das große Schweigen über die Gefangenschaftszeit - wiedermal ein Beweis - Schreiben kann eine Hilfe sein für beide Seiten. Ein sehr aktuelles Thema , wieviel Kinderherzen verstocken in dieser Zeit- will nicht weiterdenken.
Lb. Grüße Grete


13. November 2023 @ 11:18

Liebe Grete, auch wir haben damals nichts von all dem Schmerz und dem Hunger mitbekommen, die Kriegsleiden wurden von uns fern gehalten. Das Tagebuch kam erst nach dem Tod meines Vaters in meine Hände. Danke für deinen mitfühlenden Kommentar. Gruß, Gudrun


13. November 2023 @ 09:49

Das Schlimme ist: Dein Tagebuchgedicht ist wieder so aktuell geworden, liebe Gudrun.
Wir dachten, unsere Generation bleibt verschont vor Kriegen .... bis vor Kurzem.

Damals wurden ja auch juge Menschen, die fast noch Kinder waren an die Front geschickt. Wie grauenvoll!
Nachdenkliche Grüße Ingrid


13. November 2023 @ 10:02

Ja, beängstigend, was um uns herum passiert, liebe Ingrid. Wenn ich das kl. Oktavheft in den Händen halte und darin lese, rührt es mich immer zu Tränen. Mein Vater war 7 jahre in Gefangenschaft und hat nur dieses kl. Heft gehabt. Die Buchstaben hat er so klein geschrieben, dass ich sie mit der Lupe für meine Geschwister übersetzt habe. Hoffen wir, dass wir verschont bleiben. LG Gudrun



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