„Weißt du noch, unser erstes Klassentreffen?“
„Natürlich, wie könnte ich das vergessen?
Ich habe das Treffen damals organisiert,
alle Mitschüler angeschrieben, - oft telefoniert.
Ich hör´ dich noch in den Hörer raunen:
Warte nur ab, die werden staunen!
Unser Gespräch war so vertraut und schön,
als hätten wir uns all´ die Jahre gesehen.
Du kamst als Letzte zur Tür herein,
jeder fragte sich: Wer kann das sein?
Selbstbewusst, feminin und elegant,
schütteltest du mir lächelnd die Hand.
Im alten Klassenraum herrschte Stille.
Mich faszinierte deine weiße Designer-Brille.
Deine Frisur war frech und kurz getrimmt,
Baskenmütze und Brille farblich abgestimmt.
Dein Hosen-Anzug saß wie angegossen.
Du hast die Blicke der Herren genossen.
Einsetzendes Rätselraten, fragendes Stirnrunzeln.
Du hattest Recht. Ich muss wieder schmunzeln.
Die Dame hat sich in der Tür geirrt,
mutmaßte ein Mitschüler etwas verwirrt.
Jetzt war ich dran, das Rätsel zu lösen:
Heidi ist bei uns in der Klasse gewesen!
Große Verwunderung im ganzen Raum.
Das gibt es nicht... Man glaubt es kaum…
Männeraugen wurden nachdenklich zu Schlitzen.
Jeder suchte deine Nähe, wollte neben dir sitzen.
Ein Mitschüler sah dich kopfschüttelnd an.
Vom hässlichen Entlein, zum stolzen Schwan!
Als Schulkind wurdest du von den Buben geneckt.
Beim Klassentreffen hast du ihr Interesse geweckt.“
Aquarell: Gudrun Nagel-Wiemer