Es geht ein Mann den Deich entlang
Die Wolken segeln langsam hin,
bis sie in Finsternis verschwinden.
Er kratzt ausgiebig Bart - das Kinn -
wird seinen Weg im Dunkel finden.
Der harsche Wind kühlt seine Glieder.
Die Weite zieht ihn flüsternd fort.
So stand - und steht er nun auch wieder
am heimlichen, vertrauten Ort.
Die Nacht hüllt ihn in tiefe Schwärze.
Kein Mond scheint. Keine Sterne blinken.
Er greift zur mitgebrachten Kerze;
zündet sie an und lässt sie sinken.
Die kleine Flamme schwimmt hinaus,
sobald die Flut das Land erreicht.
Er weiß: das Licht geht ihm nicht aus:
es hebt und senkt sich nur ganz leicht.
Er könnte auch an´s Grabmal gehen,
wo sie in schwerer Erde ruht.
Nein, denn nur hier, wo Winde drehen,
tut sie ihm in der Seele gut.
So zündet er in mancher Nacht
ein Licht im trüben Dunkel an.
Wenn er dort draußen leise lacht,
erzählt man sich im Ort vom Mann.
...In Ehrfurcht von dem Kerl am Deich,
der ruhelos an´s Ufer strebt...
Verstehn sein Sehnen wohl - obgleich:
auch nicht, weil er von Träumen lebt.
*
Es kam ein klirrend kalter Winter:
am Ufer saßen zwei Gestalten...
Der Mann, die Frau, und gleich dahinter,
die Boote, die im Eiswind halten.
Die Nacht war dort, wo beide saßen
von magisch hellem Schein durchbohrt.
Sie fuhren lichte Wasserstraßen
hinaus, zu sich, und nie mehr fort.
Worte & Bild: (c) Ralph Bruse