Die Heimsuchung.
Flüsse steigen, sie fluten die Täler, vernichten die Häuser, ertränken
die Menschen.
Eisberge weinen, Meere füllen sich, Lebensraum versinkt in den Fluten.
Die Berge speien Lava, Feuerwalzen begraben alles.
Stürme entwurzeln Bäume, entblößen Dächer, versenken Schiffe.
Tsunamis wüten in den Meeren, verschlingen die Küsten mit gierigen
Wellen.
Wälder brennen, Landstriche verkohlen.
Wüsten werden zu Wanderdünen, Dörfer und Städte versanden.
Die Erde ist heiß, Wasser verdunstet, Menschen hungern, dursten und
fliehen.
Epidemien verteilen unsichtbare Dämonen auf die Menschen aller
Nationen.
Doch noch viel Schlimmeres steht uns bevor, denn verfolgt von Hunger,
Krieg und Not stehen Flüchtlinge an unseren Grenzen, wir nehmen sie
auf, und wissen nicht, was weiter geschieht.
Der Krieg in Europa treibt uns um. Erst wollten wir das Klima schützen,
nun schauen wir sorgenvoll in die Lüfte, Sirenen wie Blitze durch die Kör-
per zucken...
Die Erde wehrt sich, ihr droht ein Desaster, doch die Kriegsgefahr hat
Schwergewicht.
Der Mensch, so traumatisiert, wie soll er leben mit der Angst, wo neben-
an die Menschen sterben, die Gifte in den Himmel steigen, Krankheit und
Not die Seelen fressen.
Soll man noch ein Bäumchen pflanzen? Stiefmütterchen setzen? Trotzen
wie das Schneeglöckchen in der noch gefrorenen Erde??
Müde über Achtzig, sind unsere Tage abgezählt, deshalb beten wir in uns
hinein: für den Frieden der Generationen, für die ganze Welt und die
Schwachen.
Und ich, die auch ängstlich vor allem steht, ich lasse in meine Haare ein
paar sonnige Strähnchen machen.
Erzählung: (c) Christine Biermann
Bild: freeyork. org