Das Feuer flackerte noch immer ganz leise vor sich hin.
Sein Lichtschein wurde von Sekunde zu Sekunde schwächer.
Es schien so, als wolle es die Dunkelheit nicht stören,
als wolle es die Geheimnisse der Dunkelheit verborgen halten.
Mein starrer Blick verlor sich in dem perfekten Zusammenspiel von Feuer und Dunkelheit.
In dem Zusammenspiel, in dem keiner den anderen stören will und beide vor sich hinleben,
ohne die Magie des Momentes zu stören.
Mit zittrigen Händen hüllte ich mich noch ein wenig mehr in die vom Feuer erwärmte Wolldecke.
Eine wohlige Wärme erfüllte mich und ich fühlte mich plötzlich so zu Hause.
So, als wäre dieses Tipi mein Heim, der Ort, an dem ich aufwuchs.
Von draussen her hörte ich leise Schritte,
die vom Rascheln des Herbstlaubes verraten wurden.
Es waren kleine Schritte, die nun dicht vor dem Eingang stehen blieben.
Ein mulmiges Gefühl überkam mich,
das jedoch in dem Augenblick wieder verschwand,
als eine kleine Patschhand den Eingang des Tipis zur Seite schob
und mit einem riesen Lächeln im Gesicht zu mir ins warme Innere kroch.
Das kleine Mädchen sah im Schein des Feuers so wunderschön aus.
Ein wenig wie die Tochter des Feuers.
Mein Blick verfolgte ihre Silhouette während sie zielstrebig auf mich zu stapfte.
Nun sassen wir beide ganz eng nebeneinander da,
umhüllt von der Wolldecke und lauschten der Stimme des alten Mannes,
der hinter dem Feuer sass.
Umgeben von Rauch, sah er aus wie ein weiser Medizinmann
und auch wenn er das nicht war,
seine Worte waren trotzdem genauso weise und genauso wertvoll, wie die eines Medizinmannes.
Unsere kleinen Augen blickten gebannt in seine.
Und es wurde spät abends.
Meine Augenlider waren zwar so schwer wie Blei
und meine Ohren lauschten seinen Worten nur noch nebenbei,
aber mein Herz wurde nicht müde und sog all seine Worte auf,
sowie ein durstiges Feuer, das um Sauerstoff rang.
Der alte Mann blickte mit einem geheimnisvollen Schmunzeln,
durch den dünnen Rauch, zu uns hinüber.
Seine Stimme verstummte und er schien augenblicklich mit dem Rauch zu verschmelzen.
Plötzlich war er für mich nur noch wie eine scheinbare Illusion, wie ein Geist.
Ein Geist, der im Rauche des Feuers zu Hause war
und der sich schützend um uns legte, damit unsere Herzen rein blieben.
Sein Rauch war wie eine Dusche für unser Herz und Seele,
die uns von all dem Schmutz dieser Welt reinigte.
Und weg war er. Wohin wusste ich nicht.
Meine müden Kulleraugen starrten in die noch immer warme Glut des Feuers.
Es kämpfte noch immer um sein Leben
und das leise Knistern des Feuers war die Melodie des Augenblickes
und meine Seele, der Tänzer auf der Bühne des Lebens.
Plötzlich riss mich ein warmes Gefühl an meiner eiskalten Hand aus meinen Gedanken.
Es war dieselbe Patschhand, wie zuvor, die meine ergriff.
Ich umklammerte sie und streichelte sanft ihren Zügen nach.
Mein Blick wanderte von unseren Händen hoch, zu ihrem Gesicht.
Eine lockige Haarsträhne fiel ihr über eines ihrer geschlossene Augen.
Von was träumte sie wohl?
Vielleicht davon, wie sie gemeinsam mit den Flammen um die Wette tanzte.
Und wenn man ganz präzise hinschaute,
verfiel ihr Körper tatsächlich in einen ganz sanft leuchtenden Rotton.
Und vielleicht war sie es wirklich; die Tochter des Feuers.
© m.peters 2018
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