Endlich ist es soweit, die Tagesreise von gut zwanzig Seemeilen ist zu Ende, die Zwölfmeterjacht ist fest im Hafen vertäut, der stolze Besitzer begibt sich mit schnellen Schritten und erhobenen Hauptes in sein Hotel. Es ist sein Geburtstag. Er will seine, schon Tage zuvor eingeladenen Gäste, keinesfalls warten lassen. Rasch springt er unter die Dusche, greift danach zum Badehandtuch, wickelt es sich um den Bauch, rasiert sich, putzt seine Zähne und verbraucht alsdann eine enorme Menge Deospray. Eilig streift er sein weißes Oberhemd über, bindet mit geschickten Händen seine seidene Krawatte, steigt in seine, vom Zimmermädchen frisch gebügelte, schwarze Hose und schlüpft in seinen festlich glänzenden Sakko. Noch ein paar Tropfen After Shave auf die Wangen, ein Blick in den Spiegel, die Haare kurz durchgekämmt und schon ist das Geburtstagskind auf dem Weg in den umgerüsteten, festlich geschmückten kleinen Konferenzraum, zu seinen Gästen.
Als er die Tür öffnet, wird er jubelnd mit einem Gegröle von "Happy Birthday" empfangen und gleich darauf mit Geschenken überschüttet.
Nach geraumer Zeit, die Gesellschaft hat an der reich gedeckten Tafel Platz genommen, erhebt sich der Gastgeber, klopft mit einem Löffel an ein Weinglas und bittet um Gehör. Überschwenglich bedankt er sich für das zahlreiche Erscheinen seiner Freunde und für die ausgewählten, prunkvollen Geschenke. Er lobt das disziplinierte Hotelpersonal, das aussergewöhnlich elegant gestaltete Bankett und den perfekt organisierten Sevice der Direktion.
Es folgt, wie bei fast allen größeren Geburtstagsfeten, noch vieles an Blah, Blah, und Eigenlob vom Gastgeber, meist über eigene Geschäfte, die eigene Firma, die eigene Jacht, das eigene Können, das eigene Anglerglück und Geschick und natürlich, das eigene schwer verdiente Geld.
Zum Schluss, einige Zuhörer sind von der überlangen, übertriebenen und selbstherrlichen Tischrede bereits genervt, erhebt der Jubilar sein Glas und sagt voller Stolz: "Bevor wir jetzt einen kräftigen Schluck trinken, bitte ich sie, ein besonderes Augenmerk der wunderschönen, köstlichen Fischplatte zu widmen. Es hat länger als eine Stunde gedauert, bis ich diesen feinen, so rosa leuchtenden Lachs herausbekommen habe!"
Noch ehe der große Beifall einsetzt, erwidert zynisch ein, von diesem Großkotz gefrusteter Gast.
"Das wundert mich ganz und gar nicht, ich habe auch immer Schwierigkeiten mit dem Dosenöffner!"
© Horst Rehmann