In einem uralten Schloss im Spessartwald
spukte ein Nachtgespenst, schon 300 Jahre alt.
In keiner Nacht konnte es ruhig pennen,
sondern musste ständig durch die Gänge rennen.
Es schleppte seine alten klappernden Gebeine
durch das Schloss, schwer wie Mühlsteine.
Plötzlich, in einer schwülwarmen Gewitternacht,
wurde bei ihm die große Liebe entfacht.
Im Gang begegnete ihm die schöne Agathe,
die nur ein weißes Schleiergewand anhatte.
Der Geist verliebte sich bis über beide Ohren,
dabei hat er seinen morschen Kopf verloren.
Sein Kopf, der war leider verschwunden,
das Gespenst hat ihn nicht wieder gefunden.
Die Schlossköchin hat den verlorenen Kopf geklaut
und daraus ein richtig leckeres Süppchen gebraut.
Sie tat noch frische Pilze und Kräuter hinein,
das schmeckte ihr ganz köstlich und fein.
Der Graf und Kunigunde genossen das Mahl,
allein zu zweit im riesengroßen Rittersaal.
Das Gespenst hat seinen Kopf verzweifelt gesucht,
dabei geweint, gejammert und lautstark geflucht:
„Ohne Kopf wird die schöne Agathe mich nicht lieben“,
aus lauter Kummer ist es in seinem Sarg geblieben.
Endlich hat es die verdiente Ruhe gefunden,
der Geist verschläft jetzt auch nachts die Stunden.
Ins Spukschloss kommen keine Besucher mehr her,
denn das beliebte Gespenst existiert nicht mehr.
Und die Moral von der traurigen Geschicht,
auch heute aus ganz realer Sicht:
Verlier in der Liebe niemals Deinen Kopf,
ohne ihn bist Du ein richtig armer Tropf!
Hannelore Knödler-Stojanovic, Ludwigsburg
Foto: Pxhere