Heut’ hat meine Frau mich herzhaft ausgelacht...! Ihr glaubt ja gar nicht, wie einen sowas fertigmacht...! Ich hatte nur gesagt, ich will’s gesteh’n, daß jetzt allenthalben Frühlingslüfte weh’n, daß jeder Baum und jeder Strauch, und ich somit halt auch, wie jeder Halm und jeder Schaft, steht in vollem, kräft’gen Saft. Da eben kam dann diese helle Lache. Nun ist das Lachen eine Sache, auch frohen Spott und Hohn, verkraft ich leidlich schon. Doch geht’s an meine Mannesehre, ich mich rücksichtslos auch wehre. "Tja, was soll ich denn mit so ’ner Alten? Die Brüste schlaff, der Po in Falten! Nein, nein ich will ein junges Blut. Dieses täte mir jetzt richtig gut! Knackig, jung und formvollendet, solch ein Weib mir Freude spendet!" Jetzt war meine Frau verschnupft. "Ha," denk ich, "hab’ ich das Huhn gerupft!" Doch dann dacht’ ich an die vielen schönen Sachen, die wir bei Gelegenheit so gerne machen. Ich dachte auch an ihre samt’ne Haut, an ihr Wesen, daß mir so sehr vertraut, an den lieben Schalk in ihrem Blick, ich dacht’ an uns’re Jugend auch zurück. Und mir wurd’ auf einmal klar, wie herrlich uns’re Zeit doch war! Ich ging zu ihr und nahm sie in den Arm. Sie lächelt, freundlich, herzlich, warm: "Ich weiß mein lieber alter Mann, daß Du gerne dann und wann, über alle Stränge schlägst, diesen Unfug auch verträgst, doch ganz drinnen tief in Dir, gehörst Du unverbrüchlich mir. Gerade deshalb können doch wir Beiden, uns nach vierzig Jahr’n noch so gut leiden!" (Johannes Glatz) 30032015