Du lachst,
wenn eine alte Frau über eine verkehrsreiche Straße gehen muss,
viele Menschen sie nur anstarren und niemand ihr behilflich ist,
wenn sie zittert vor Angst auf dem langen gefährlichen Weg zu ihrem Bus,
vor lauter Verzweiflung und Hektik um sich herum alles vergisst.
Du lachst,
wenn ein gebrechlicher Mann am Straßenrand sitzt und Mundharmonika spielt,
altmodische Kleidung trägt, Gesicht und Hände sehr ungepflegt sind,
wenn er die Passanten betrachtet und ab und an auf die Almosen schielt,
sich kopfnickend bedankt und sich über jeden Cent freut wie ein Kind.
Du lachst,
wenn ein Rollstuhlfahrer ohne Hilfe die zwei Stufen des Eingangs nicht schafft,
Jugendliche darüber spotten und sich mit Sprüchen lustig machen,
wenn die arme Person es zigmal versucht und dann da sitzt, völlig erschlafft,
kein Mensch ihn in seiner Not unterstützt und Leute wie Du noch lachen.
Du lachst,
wenn ein Blinder im Bahnhof verprügelt wird und sich blutend am Boden krümmt,
Halbstarke sich mit dieser Tat noch brüsten und dies als cool darstellen,
wenn dieser Mensch mit letzter Kraft Hilfe ruft und keiner sich seiner annimmt,
nur Schaulustige gleichgültig, gelassen, schweigend sich um ihn gesellen.
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Du lachst nicht mehr,
wenn Du eines Tages selbst ein alter Mensch bist und es Dir ähnlich ergeht,
Du eventuell von Sozialhilfe lebst, gebrechlich, schwach und krank bist,
wenn die Jugend Dich dann verachtet, Dich auslacht, tritt und nicht hinter Dir steht,
dann reut Dich Dein damaliges Verhalten – Du spürst wie es Dich langsam zerfrisst.
© Horst Rehmann